Das Algheresische – Ein katalanischer Dialekt zwischen normativer Fremd- und Selbstbestimmung
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Zitationsvorschlag

Das Algheresische – Ein katalanischer Dialekt zwischen normativer Fremd- und Selbstbestimmung. (2011). JournaLIPP, 1, 105–130. https://doi.org/10.5282/journalipp/32

Abstract

In der nordwestsardischen Stadt Alghero werden (mindestens) drei Sprachen gesprochen: Das Italienische als Amtssprache aller Regionen des italienischen Staates, das Sardische in seinen verschiedenen Varietäten und aufgrund der Jahrhunderte währenden Besetzung Sardiniens durch Katalonien und später die Krone Kastilien und Aragón auch ein Dialekt des Katalanischen – das Algheresische. Diese lokale Varietät muss sich heute zum einen gegen die Übermacht des Italienischen in allen Lebensbereichen behaupten und zum anderen mit den sprachpflegerischen Maßnahmen von Seiten katalanischer Institutionen auseinandersetzen. Diese liefern mit finanziellen Hilfeleistungen und ihren Bemühungen um eine Kodifizierung zweifellos einen wichtigen und sprachwissenschaftlich fundierten Beitrag zur Förderung des Gebrauchs des Algheresischen, stellen andererseits aber einen massiven Eingriff in die sprachlich-kulturelle Autonomie Algheros dar. Im Rahmen der Erhaltung des Algheresischen spielt die Frage der Normierung eine zentrale Rolle. Hier treffen widerstreitende Meinungen aufeinander: Zwar herrscht hinsichtlich seiner Verschriftung generell Einigkeit darüber, dass eine Orientierung an der Graphie des Standard-Katalanischen erfolgen sollte, doch bezüglich des Lexikons wären eine Anreicherung mit modernem (standard-)katalanischen bzw. italienischem, aber auch mit traditionellem, heute nicht mehr aktiv gebrauchtem Vokabular aus dem Algheresischen selbst jeweils denkbare Ansätze, um die Sprache den Bedürfnissen des modernen Lebens anzupassen und sie wieder zu einem vollwertigen Kommunikationsmittel werden zu lassen. An diesem Konflikt entzünden sich prokatalanische und antikatalanische Polemiken, denn die Tatsache, dass sich nicht nur Alghereser Kultur-Vereinigungen, sondern auch katalanische Linguisten und Kulturpolitiker in die Lösungsversuche einbringen, wird bei weitem nicht von allen Betroffenen als Zugewinn gesehen: Die Grenzen zwischen konstruktiver Hilfe und Einmischung sind fließend. Fraglich bleibt in jedem Fall, ob die zukünftige Entwicklung des Algheresischen überhaupt durch bewusstes Eingreifen gesteuert werden kann. Im folgenden Beitrag sollen ein spezifisches Normmodell für das Algheresische sowie ein alternativer Lösungsansatz skizziert und die Frage nach der Wahrscheinlichkeit ihrer praktischen Umsetzung diskutiert werden. Dabei geht es um orthographische Regeln zur Wiedergabe der besonderen phonetischen Charakteristika des Algheresischen, aber auch um soziolinguistische Gesichtspunkte, unter denen Motivation und Grundhaltungen sowohl der Alghereser als auch der sprachpolitischen Institutionen Kataloniens beleuchtet und miteinander konfrontiert werden sollen.
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